Sozialministerium und Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität präsentieren Hessischen Lohnatlas
Auch wenn sich die Entgelte von Männern und Frauen in Hessen weiter angenähert haben – es gibt noch immer viel zu tun. Um einen weiteren Anreiz zu setzen, wurde jetzt der Hessische Frauenpreis für Lohngleichheit verliehen. Und das Hessische Ministerium für Soziales und Integration stellte gemeinsam mit dem Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) an der Goethe-Universität die neuste Ausgabe des Lohnatlas vor.
FRANKFURT. In
Sachen Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern verfolgt Hessen seit 2014
eine Doppelstrategie, deren Hauptinstrument der Hessische Lohnatlas ist.
Erstmals 2017 erschienen, soll er einerseits für Transparenz sorgen und
andererseits Schlüsselanreize setzen, die gezieltes Handeln ermöglichen. Die
Strategie scheint Erfolg zu haben: Im Jahr 2021 betrug die Lohnlücke „nur“ noch
9 Prozent, sie hat sich damit seit 2012 fast halbiert. Der Lohnatlas wird in
Kooperation mit dem Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) an der
Goethe-Universität erstellt. In keinem anderen Bundesland gibt es bislang ein
ähnliches Datenwerk wie den Lohnatlas, der – nach Regionen aufgegliedert –
zeigt, wie sich die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern seit 2012 entwickelt
hat.
Besonders auffällig: Fünf Jahre
nach der ersten Auflage können Frauen mit akademischen Abschlüssen ihr
Bildungskapital immer noch schlechter in Entgelte umsetzen als Männer. Dazu
sagt Prof. Bernhard Brüne, der als Vizepräsident der Goethe-Universität für
Forschung zuständig ist: „Wir sehen mit großer Sorge, dass die vielen Frauen,
die bei uns an der Universität hervorragende Studienleistungen erbringen, bei
ihrem Eintritt und ihren Karrieren in hessischen Betrieben nach wie vor
deutlich geringere Entgelte als unsere männlichen Absolventen erreichen
können.“ Er sei froh über den stabilen Brückenschlag zwischen Wissenschaft und
Politik, der durch die Kooperation von IWAK und Sozialministerium gelungen sei.
„Schon seit 2016 sind unsere beiden Häuser zum Thema Entgeltgleichheit
gemeinsam unterwegs, die Forscherinnen und Forscher des IWAK sind unermüdlich
forschend in Sachen Entgeltgleichheit im Einsatz und haben drei Auflagen des
Hessischen Lohnatlas auf den Weg gebracht. Eine wirklich gelungene Kooperation
mit spürbar positiven Folgen für die Gesellschaft“, so Brüne.
Von Anfang an enthielt der
Hessische Lohnatlas Entgeltdaten für jeden der 26 Kreise und kreisfreien Städte
in Hessen, das ist auch bei der jüngsten Ausgabe der Fall. Die dritte
inhaltlich erweiterte Auflage umfasst an die 700 Seiten, die diesmal allerdings
ausschließlich im digitalen Format vorliegen. So lassen sich Einzelthemen
leichter finden, Grafiken herunterladen und eigene Analysen durchführen.
Außerdem in dem Datenwerk enthalten: textlich aufbereitete
Forschungserkenntnissen zu den Auswirkungen der Pandemie auf die Entgeltlücken.
„Wir lernen aus den Erfahrungen der Nutzer. Die interaktive digitale Version
wird die Nützlichkeit des Hessischen Lohnatlas sogar noch verbessern“, stellt
Dr. Christa Larsen, Leitung des IWAK, fest.
Noch immer gibt es große
Unterschiede zwischen den Lohnlücken in ländlich geprägten Regionen einerseits
und urbanen Gebieten in Hessen andererseits, das macht der Lohnatlas deutlich.
So ist in den Großstädten des Rhein-Main-Gebiets rechnerisch bereits
Entgeltgleichheit erreicht. In den Kreisen Hersfeld-Rotenburg oder
Waldeck-Frankenberg indes verdienen Frauen brutto im Schnitt fast ein Fünftel
weniger als Männer, selbst bei voller Erwerbstätigkeit. Mit Blick auf ganz
Hessen gibt es die geringsten Lohnlücken bei den Fachkräften, vor allem in den
sozialen Berufen wie Pflege und Erziehung, aber auch im kaufmännischen Bereich.
Deutliche Lücken gibt es bei MINT-Berufen. Innerhalb der gewerblichen Branchen
liegt die Pharmaindustrie vorn, wo fast Entgeltgleichheit erreicht ist – im
Gegensatz zu Metall und Elektro.
Transparenz allein führt in
Sachen Entgeltgleichheit jedoch noch nicht zum Ziel. Seit 2018 kommen die Verantwortlichen
in Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Gesellschaft beim
Sozialpartnerdialog zusammen. Die zehn großen Branchen in Hessen befassen sich
bei regelmäßigen Treffen mit dem Thema Entgeltgleichheit und bringen die
Ergebnisse über ihre Verbände in die Branchen ein. Die kommunalen Frauen- und
Gleichstellungsbeauftragten fungieren ebenfalls als Türöffner, Expertinnen und
Multiplikatoren vor Ort in den hessischen Regionen. Daraus ist dann auch die
Idee entstanden, besonders vorbildliche Beispiele mit einem Preis
auszuzeichnen, der vorbildliches Engagement für Entgeltgleichheit zwischen
Frauen und Männern würdigen soll.
Zum Auftakt erhielt die
Landesarbeitsgemeinschaft Hessischer Frauenbüros die neue Auszeichnung, die mit
10.000 Euro dotiert ist. „Die LAG macht seit Jahren in besonderer Weise auf das
Thema Lohngleichheit aufmerksam und sensibilisiert Politik, Wirtschaft und
Zivilgesellschaft durch ihre konsequente Arbeit“, unterstreicht Kai Klose,
Hessischer Minister für Soziales und Integration, die Entscheidung der Jury.
Die Verwendung des Preisgeldes steht schon fest: Es soll der Weiterbildung von
kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten zugutekommen. „Mit ihrem
außerordentlichen Engagement für Lohngleichheit haben sich die kommunalen
Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in Hessen diesen Preis mehr als
verdient“, sagte Ekin Deligöz, Parlamentarische Staatssekretärin im
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, in ihrer Laudatio.
Und führte weiter aus: „Wir wollen weg von Lippenbekenntnissen, echte
Lohngleichheit realisieren. Frauen brauchen institutionelle Rückenstärkung, um
Ungleichheiten in der Gesellschaft abzubauen.“
Der Hessische Lohnatlas 2022
ist am 16. Dezember ab 13 Uhr unter www.hessischer-lohnatlas.de
freigeschaltet.
Weitere Informationen
Dr. Christa Larsen
Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der
Goethe-Universität
Telefon 069 798- 22152
E-Mail c.larsen@em.uni-frankfurt.de
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation,
Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de