Ergebnisse der PREDICT-Studie zu akuter Dekompensation und Akut-auf-chronischem Leberversagen
Die häufigste Todesursache von Patienten mit Leberzirrhose ist ein Akut-auf-chronisches Leberversagen (ACLF), bei dem die fortschreitenden Funktionsausfälle der vernarbten Leber nicht mehr ausgeglichen werden können (akute Dekompensation). Die Folge: Weitere Organe wie Niere oder Gehirn versagen. Auslöser für die akute Dekompensation einer Leberzirrhose und ein ACLF sind am häufigsten bakterielle Infektionen, eine durch Alkohol verursachte Leberentzündung oder eine Kombination beider Faktoren. Dies hat die Auswertung der PREDICT-Studie ergeben, die von einem internationalen Team von Forschenden unter der Leitung von Prof. Jonel Trebicka vom Universitätsklinikum Frankfurt durchgeführt wurde.
FRANKFURT. Chronische Leberkrankheiten und sogar eine
Leberzirrhose können lange unbemerkt bleiben, weil viele Patienten keine
Symptome haben: Die Leber leidet still. Wenn der Körper dann nicht mehr in der
Lage ist, die nachlassenden Leistungen der Leber zu kompensieren, verschlechtert
sich der Zustand in kürzester Zeit dramatisch: Gewebsflüssigkeit sammelt sich
im Bauchraum (Aszites), es kommt zu inneren Blutungen etwa in der Speiseröhre,
das Gehirn droht durch Stoffwechselprodukte vergiftet zu werden. Diese akute Dekompensation
der Leberzirrhose kann sich zu einem Akut-auf-chronischem Leberversagen
weiterentwickeln mit Entzündungsreaktionen überall im Körper und Versagen
mehrerer Organe.
In der PREDICT-Studie unter der Leitung von Prof. Jonel Trebicka haben
Wissenschaftler:innen aus 15 europäischen Ländern 1273 Patienten beobachtet,
die mit einer akuten Dekompensation ihrer Leberzirrhose ins Krankenhaus
eingeliefert wurden. Im Fokus der aktuellen Auswertung der Studie stand die
Frage, was eine akute Dekompensation einer Leberzirrhose auslösen kann. Das
Ergebnis: In knapp der Hälfte der Krankheitsfälle konnte eine bakterielle
Infektion, eine durch Alkoholkonsum verursachte Leberentzündung oder beides
gemeinsam als Auslöser bestimmt werden.
Kaum eine Rolle als Auslöser hatten Blutungen im Verdauungstrakt
und durch Schmerz- oder Beruhigungsmittel verursachte Gehirnerkrankung
(medikamentös-toxische Enzephalopathie).
Schädigungen der Leber durch Medikamente, zu denen Schmerz- und
Narkosemittel, Krebsmedikamente oder auch pflanzliche Heilmittel zählen können,
traten ebenso wie medikamentös verursachte Nierenschädigungen nicht als
Auslöser der akuten Dekompensation auf.
Studienleiter Prof. Jonel Trebicka, Gastroenterologe und
Hepatologe an der Medizinischen Klinik I des Universitätsklinikums Frankfurt,
erklärt: „Bei der akuten Dekompensation einer Leberzirrhose ist rasches und
gezieltes Handeln erforderlich. In der PREDICT-Studie möchten wir daher viel
über die auslösenden Faktoren dieser lebensbedrohlichen Erkrankung lernen, um
daraus Empfehlungen für Diagnostik und Therapie ableiten zu können. Zu wissen,
welches die wahrscheinlichsten Auslöser einer akuten Dekompensation sind, wird
helfen, Diagnose- und Behandlungsstrategien für diese lebensbedrohlich erkrankten
Patienten weiterzuentwickeln.“
Die europaweiten Studie PREDICT hat den klinischen Verlauf akuter
Dekompensationen der Leberzirrhose beobachtet, um frühe Anzeichen für die
Entwicklung des Akut-auf-chronische Leberversagen (ACLF) zu finden. PREDICT wird
von der Europäischen Stiftung zur Untersuchung chronischen Leberversagens
(European Foundation for the Study of Chronic Liver Failure) gefördert. An
PREDICT sind 136 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von 47 Zentren und
Institutionen in 15 europäischen Ländern beteiligt.
Publikation:
Jonel Trebicka, Javier Fernandez, et al.
for the PREDICT STUDY group of the EASL-CLIF CONSORTIUM: PREDICT identifies precipitating events associated with the clinical
course of acutely decompensated cirrhosis. Journal of Hepatology (2020), https://doi.org/10.1016/j.jhep.2020.11.019
Weitere Informationen
Universitätsklinikum
Frankfurt
Medizinische
Klinik I
Sektion
Translationale Hepatologie
Univ.-Prof.
Dr. Dr. med. Jonel Trebicka
Tel.
+49 (0)69 6301 80789 (Jennifer Biondo, Sekretariat)
Jonel.Trebicka@kgu.de
Die European Foundation for the
Study of Chronic Liver Failure (EF Clif) ist eine private, gemeinnützige
Stiftung, die das Ziel verfolgt, die Forschung über Akut-auf-chronisches
Leberversagen (Acute-on-Chronic Liver Failure, ACLF) zu fördern und damit die
Lebensqualität und die Überlebensrate von Patienten mit Leberzirrhose zu
verbessern. EL Clif wurde 2015 gegründet und unterstützt die Arbeit des EASL Clif
Konsortiums, einem Forschungsnetz von mehr als 100 europäischen
Universitätskliniken und 200 klinischen Forschern. 2013 beschrieb das
Konsortium ein neues Syndrom: Akut-auf-chronisches Leberversagen, die häufigste
Todesursache von Patienten mit Leberzirrhose.
Derzeit werden die EF Clif-Forschungsaktivitäten
über zwei „Chairs“ gefördert: dem EASL Clif Chair, der Beobachtungs-,
pathophysiologische und therapeutische Studien im Krankenhaus-Netz des
EASL-Clif-Konsortiums unterstützt, und dem Grifols Chair, der die Entwicklung
translationaler Forschungsprojekte über die Bildung eines Netzwerks aus Zentren
in Europa unterstützt: Das Europäische Netzwerk für Translationale Forschung in
chronischem Leberversagen (European Network for Translational Research in Chronic
Liver Failure, ENTR-CLIF). Mehr über EF Clif: http://www.efclif.com Twitter: @ef_clif