Humanpathogenes Bakterium Bartonella henselae dient internationalem Forschungsteam als Modellorganismus für hochresistente Infektionserreger
An Bakterien der Art Bartonella henselae haben Forscherinnen und Forscher der Goethe-Universität Frankfurt, des Universitätsklinikum Frankfurt, des Paul-Ehrlich-Instituts in Langen und der Universität Oslo erstmals demonstriert, dass Antikörper gegen bestimmte Oberflächenproteine von bakteriellen Krankheitserregern deren Eindringen in Wirtszellen verhindern kann. Die Ergebnisse sind wichtig für die Entwicklung neuer Medikamente gegen hochresistente Infektionserreger.
FRANKFURT.
Infektionen stellen eine wesentliche Bedrohung für die menschliche Gesundheit
dar, insbesondere solche mit hochresistenten Erregern. Gefährlich wird es, wenn
es Erregern gelingt, den Organismus zu besiedeln und nachfolgend schwere
Infektionen auszulösen. Im ersten Schritt einer solchen Infektion heften sich derartige
Erreger immer an die Oberfläche von Wirtszellen an. Von hieraus nehmen
Infektionen dann ihren weiteren Verlauf, was zum Beispiel darin resultiert,
dass die Erreger tiefer liegende Gewebeschichten befallen.
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen um Prof. Volkhard Kempf
vom Institut für Mikrobiologie und Krankenhaushygiene des Universitätsklinikum
Frankfurt ist es jetzt gelungen, bei einem Bakterium diesen
Adhäsionsmechanismus erfolgreich zu blockieren und damit die Infektion von
Wirtszellen zu verhindern. Dazu untersuchten die Forscher und Forscherinnen den
Erreger der Katzenkratzkrankheit, Bartonella henselae. Die
Katzenkratzkrankheit wird durch Katzen übertragen; betroffen sind vor allem
kleine Kinder, die unter anderem an geschwollenen und verhärteten Lymphknoten
rund um die Infektionsstelle – meist eine Kratz- oder Bissverletzung durch die
Katzen – leiden.
Bartonella-Bakterien befallen die Zellen, die die
Blutgefäße auskleiden, so genannte Endothelzellen. Sie heften sich über ihr
Oberflächenprotein Bartonella-Adhäsin A (BadA) an ein Protein
(Fibronektin) der so genannten „extrazellulären Matrix“ an. Hierbei handelt es
sich um ein Geflecht aus Eiweißfasern, dem die Endothelzellen aufliegen.
Um herauszufinden, welche Teile des BadA-Proteins für den
Adhäsionsvorgang wichtig sind, statteten die Forscherinnen und Forscher Bartonella-Bakterien
unter anderem mit verschiedenen genetisch veränderten BadA-Varianten aus, um
dann zu untersuchen, inwieweit diese Varianten noch Fibronektin binden konnten.
Als feststand, welche BadA-Abschnitte die Bindung verantworten, wurden
Antikörper gegen diese Abschnitte hergestellt und in Zellkulturexperimenten
erstmals gezeigt, dass solche Antikörper die Infektion durch Bakterien
verhindern können.
Prof. Volkhard Kempf erklärt: „Bartonella henselae ist kein
sehr gefährliches Pathogen, und in den meisten Fällen erfordert die
Katzenkratzkrankheit keine spezifische Behandlung. Für uns ist Bartonella
henselae allerdings sehr wichtig als Modellorganismus für weitaus
gefährliche Erreger wie zum Beispiel Acinetobacter baumannii, der
als gefährlicher Wundinfektionserreger häufig Resistenzen gegen mehrere
Antibiotika aufweist. Das BadA-Protein von Bartonella henselae gehört zu
den sogenannten ‚trimeren Autotransporter-Adhäsinen', die auch in Acinetobacter
und einer Reihe weiterer Keime für die Adhäsion an menschliche Zellen
verantwortlich sind. Eine medikamentöse Blockade dieser Adhäsine ist daher ein
viel versprechender Ansatz zur Bekämpfung gefährlicher bakterieller
Infektionen.“
Diese Forschung wurde durch das Viral and Bacterial Adhesin
Network Training (ViBrANT) Programm, ein HORIZON 2020 Forschungs- und
Innovationsprogramm der Europäischen Union unter der Marie Skłodowska-Curie
Stipendium-Vereinbarung, durch das Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland,
durch das BMBF-Projekt „PROXYDRUGS“ sowie durch die Deutsche
Forschungsgemeinschaft unterstützt.
Publikation:
Arno Thibau, Diana J. Vaca, Marlene
Bagowski, Katharina Hipp, Daniela Bender, Wibke Ballhorn, Dirk Linke, Volkhard
A. J. Kempf: Adhesion of Bartonella henselae to Fibronectin Is Mediated via
Repetitive Motifs Present in the Stalk of Bartonella Adhesin A. https://journals.asm.org/doi/10.1128/spectrum.02117-22
Hintergrund: Wie Bakterien an Zellen andocken: Basis für die Entwicklung einer
neuen Klasse von Antibiotika (22. Juni 2022) https://www.puk.uni-frankfurt.de/121406585/Wie_Bakterien_an_Zellen_andocken__Basis_f%C3%BCr_die_Entwicklung_einer_neuen_Klasse_von_Antibiotika
Bilder zum Download:
https://www.kgu.de/fileadmin/redakteure/Presse/Bilder_Pressmitteilungen/2022/Bartonella_henselae.jpg
Bildtext: Bildtext: Adhäsion von Bartonella henselae (blau) an menschliche Blutgefäßzellen (rot). Diese Bindung des Bakteriums an die Wirtszellen konnte mit Hilfe von Antikörpern blockiert werden. Bildquelle: https://www.mdpi.com/2075-4418/11/7/1259
Weitere Informationen
Prof.
Dr. med. Volkhard A. J. Kempf
Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene
Universitätsklinikum Frankfurt
Tel: +49 (0)69 6301–5019
volkhard.kempf@kgu.de
Internet: https://www.kgu.de/einrichtungen/institute/zentrum-der-hygiene/medizinische-mikrobiologie-und-krankenhaushygiene
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Büro PR & Kommunikation,
Telefon 069 798-12498, Fax
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